Am 01.09.2019 bin ich der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands beigetreten. Und das, obwohl ich diese Partei - abgesehen von der letzten Hessischen Landtagswahl - seit Jahren nicht mehr
wählen konnte. Ich konnte sie nicht wählen, weil sie seit etlichen Jahren eine schlechte Kopie der CDU darstellte. Stattdessen wählte ich anfangs die Piraten. Die Piraten waren jung und hatten
gute Ideen, die ich unterstützenswert fand. Aber statt die Steilvorlage von Edward Snowden in Politik umzusetzen haben die sich lieber selbst zerfleischt. Schade. Ich
wollte eine Partei wählen, deren Positionen sich im Spektrum links von der CDU befinden - was also blieb? Die SPD schied aus, also blieben nur Die Linken, aber mit denen fühlte ich mich nie
richtig wohl, weil mir vieles von der Denke her zu dogmatisch war - und ich einigen ihrer Positionen auch widersprechen muss.
Ein ganz klarer Grund für mich, die SPD nicht zu wählen war die Agenda 2010 des Herrn Schröder und den damit verbundenen Hartz-Gesetzen. Hartz IV ist ein Verrat an der Sozialdemokratie und ein
Verrat an den Bürgern unseres Landes.
Außerdem verlor die SPD durch die - ohne Not eingegangene - Große Koalition zunehmend and Kontur und verlor immer mehr den Zugang zu den eigenen sozialdemokratischen Wurzeln. Ich traute der SPD
nicht mehr zu, Probleme zu lösen - nein, sie wurde Teil des Problems und die Politik der SPD ist eine Ursache dafür, dass es heute so viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse gibt. Es gibt immer
mehr Menschen, die am unteren Rand unserer Gesellschaft leben.
In diese immer unwählbarere Partei bin ich eingetreten, jawohl!
Warum?
Erstens.
Ich habe sozialdemokratische Wurzeln. Meine Mutter war Sozialdemokratin. Soziale Gerechtigkeit und Solidarität sind für mich keine Worthülsen. Ich habe diese Werte und Ziele schon mit jungen
Jahren in mich aufgesogen und verinnerlicht.
Ich kenne die SPD aus der Zeit, in der sie sich noch als Partei der Arbeiter und Angestellten verstanden hat und ich weigere mich zu glauben, dass die SPD ihre Wurzeln komplett vergessen hat. Ich
nöchte dazu beitragen, dass diese Wurzeln wieder ein klein wenig mehr in den Fokus der Partei geraten und die SPD dadurch an Glaubwürdigkeit hinzugewinnt. Genau diese fehlende Glaubwürdigkeit ist
ein Kernproblem der SPD. Die SPD muss wieder vermitteln können, dass die Teil der Lösung, nicht aber des Problems ist.
Zweitens.
In den letzten - gefühlten 20 - Jahren habe ich eine zunehmende - und möglicherweise sogar systematsch herbeigeführte - Entsolidarisierung in der Gesellschaft wahrgenommen. Gleichzeitig werden
die Folgen der Globalisierung immer spürbarer. Solidarität verwandelt sich zunehmend in Neid. Man ist neidisch auf die, die es vermeintlich etwas besser haben als man selbst und das wird von den
Medien - nicht nur den sozialen - auch noch forciert. Dazu kommt die enorm gestiegene Angst vor einem sozialen Abstieg. Ein weiterer Faktor ist das Gesundheitssystem. Die Privatisierung von
Kliniken hat dazu geführt, dass nicht mehr der Patient im Mittelpunkt der Bemühungen steht, sondern der Profit. Patienten, die Geld bringen, werden aufgenommen, die anderen werden entlassen,
obwohl eine Weiterbehandlung sinnvoll wäre. Das ist nicht fair!
Unsere Gesellschaft wird immer kälter und härter.
Ich für mich habe erkannt, dass ich an diesem Kurs etwas ändern will. Ich möchte, dass es wieder in die andere Richtung geht. Ich möchte eine neue Solidarität!
Drittens.
Antifaschismus ist das Erbe meiner Mutter.
Wenn ich mir einige Zitate von führenden Mitgliedern der AfD durchlese, dann sträuben sich mir die Nackenhaare und eine Stimme schreit in mir: "Es passiert wieder! Es passiert wieder!"
Dann frage ich mich: Sind diese Millionen von Menschen in den Konzentrationslagern denn wirklich umsonst gestorben? Haben wir denn gar nichts dazugelernt? Muss sich die Geschichte tatsächlich
wiederholen?
Jede Faser meines Körpers sagt nein! Nein! NEIN!
Es ist für mich Zeit, aufzustehen und eine klare und unmissverständloiche Position zu beziehen.
Nie wieder Faschismus!
Viertens.
Ich gebe zu, dass es mich gereizt hat, an der Wahl des Parteivorstands zu partizipieren. Es war meine erste Möglichkeit dazu beizutragen, der Partei eine neue Richtung zu geben. Es hat zwar nicht
mein persönlicher Favorit obsiegt, wohl aber doch jemand, mit dem ein Aufbruch in eine neue Richtung gelingen könnte. Das Hauptproblem dürften die verkrusteten inneren Strukturen der Partei sein
und es ist wohl auch noch ein langer Weg.
Aber ein Anfang ist gemacht.